Stimmen
Nach jahrelangem Einsatz für den Erhalt von Klingebiels Kunst und für die Würdigung seines Lebenswerkes
zitiere ich ziemlich verspätet ein Gedicht von Günter Grass aus seinen "Fundsachen für Nichtleser". Sein Sekretariat (H.Ohsoling, 9.12.2011) hat die Wiedergabe auf damalige Anfrage dankenswerter Weise genehmigt:
VERSTEINERT
und als Fundsache nur
werden wir ziemlich verspätet
Auskunft geben:
über den Fortschritt an sich
und unser Steckenpferd,
Nächstenliebe genannt.
Kommentar des Autors dieser Homepage Andreas Spengler im Oktober 2024.
Die Zelle, ein kunterbunt bemalter und beschrifteter kleiner Raum, machte auf mich einen großen Eindruck, ich fand im Künstler einen Leidensgenossen und Seelenverwandten, der ein hohes ästhetisches Niveau erreicht hat mit seiner Kunst.
Dr. med. Arnhild Köpcke, Künstlerin, April 2020
Als Freund von Julius Klingebiel und Verehrer seiner Kunst freue ich mich über die schöne Ausstellung und wünsche ihr von Herzen die gebührende Aufmerksamkeit vieler Mitmenschen.
Gästebucheintrag: Gerd Harms, 21.8.2016, Bremen
24.02.2014 (12.07 Uhr)
...
Beim Frühstück wird erstmal gelesen. Im Augenblick über Julius Klingebiel. Das Buch über ihn enthält eine spannende Mischung. Mal ist es sehr sachlich gehalten...enthält viele Fakten...dann wieder sehr lebendig und menschlich. Aber egal wer schrieb... und wie er es schrieb... bricht die Realität von Julius Klingebiel sich seine Bahn. Kommt er zu seinem Recht.
Eine wirklich sehr tragische Geschichte... die mich mitunter sogar bestürzt dasitzen ließ. Wo mir das Herz blutete... er mein volles Mitgefühl hatte. Fünfundzwanzig Jahre in Gefangenschaft... das ist kein Zuckerschlecken … das ist sehr hart. Zumal er während des Dritten Reichs auch noch um sein Leben bangen musste... ohne sich schützen oder weglaufen zu können.
Ein wahrer Alptraum... der in ihm etwas wundervolles hervorbrachte. Makabererweise. Wo ich mir sage... Klingebiel hat für die Kunst einen sehr hohen Preis bezahlen müssen.
Durch das Lesen...wurde mir aber etwas klar. Weder Prof. Spengler… noch die anderen Autoren...trennen Julius Klingebiels Kunstwerk von seiner Geschichte. Da wird sogar betont...das es sich nicht voneinander trennen lässt...wenn man sein Werk verstehen will.
Genau das...was ich die ganze Zeit meine. Nur ist es bei Julius Klingebiel dermaßen offensichtlich...das es einer erneuten Vergewaltigung gleich käme...wenn man seine mehr als harten Umstände unter den Teppich kehren wollte. Nur die Kunst sehen möchte... ohne das Leid... das da dran hängt. Dann sollte man es lieber lassen... weil man dem Menschen nicht gerecht wird. Ihm damit erneut unrecht tut. Ist meine Meinung.
Aber das trifft auf dieses Buch ja nicht zu. Ganz im Gegenteil. Prof. Spengler und seine Mitautoren leisteten eine wahre Detektivarbeit...um Julius Klingebiels Geschichte auf die Spur zu kommen. Setzten sich mit seinen Wandbildern im kleinsten Detail auseinander...eben weil vieles am Computer rekonstruiert werden musste. Suchten nach Erklärungen… interpretierten es.
So schreibt Thomas Röske am Ende seines Kapitels sogar davon... dass Julius Klingebiel noch in einer Form gewürdigt werden wird... die er sich nicht einmal erträumt hätte. Damit meint er nicht nur die Kunst... sondern verweist auch auf andere Bereiche. Wie die der Ethnologie... Psychiatrie-geschichte... Psychologie und Psychoanalyse.
Wo ich mir sage...wer weiß...vielleicht war es Julius Klingebiel ja doch klar ...weil er sah...was er da tat...und weil er vergleichen konnte. Wenn ihn während des Dritten Reichs...bei der ganzen Menschenverachtung...ein Arzt sogar als intelligent bezeichnete...dann wird Klingebiel ziemlich intelligent gewesen sein.
Und noch etwas. Während des Lesens dachte ich immer wieder... ist ja witzig...das kenne ich auch...so denke und handele ich auch. Julius Klingebiel kann man nicht mehr fragen...weil er tot ist. Während ich noch lebe. Warum fragt man nicht die Lebenden?
Nur noch eins... weil es mich freut.
Geschrieben hat es Prof. Neuenhausen **
…"Die künstlerische Fraglosigkeit und Naivität, die intuitive Sicherheit, die formal schlüssige Setzung im Großen und Ganzen wie im Detail, das überzeugende Zusammenfügen auch der heterogensten Bildteile, die Fähigkeit zum geordneten Chaos wie zur chaotischen Ordnung, das haben wir Künstler immer an Menschen wie Klingebiel bewundert. Und wir beneiden sie bis heute um diese Fähigkeiten.“
Ja...es ist eine Gabe...dem Chaos Ordnung abzuringen...😃 👍 ...nicht nur in der Kunst.
Dagmar Justke, Künstlerin
Selbstportrait. Foto und Bildbearbeitung Dagmar Justke, 2010
Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin
* Wenige Kürzungen durch den Autor
** Justke zitiert aus dem Essey von Neuenhausen (2013) S. 93-96
Total faszinierend, weil es fast einen sakralen Eindruck vermittelt. ..
...das trägt alle Merkmale von großer Kunst.
...die Denkmodelle, die Bilder, die gefunden werden, aber auch vom Gestalterischen her.
Es ist eine ganz eigene Bildsprache, eine .. sehr kräftige, ganz klar durchstrukturierte Form.
Dr. Reinhard Spieler, Direktor des Sprengel Museums Hannover,
Interview Antje Schmidt in der Klingebiel-Zelle, 2015 in "Ausbruch in die Kunst", NDR
Ausstellungsbesucher (Großvater, Ingenieur): Ich würde zu gern wissen, wie sich die Schizophrenie von Klingebiel in den Bildern ausdrückt.
Ausstellungsbesucherin (Großmutter, Bildhauerin): Das ist alles andere als schizophren. Wenn das schizophren ist, bin ich keine Künstlerin.
Ausstellungsbesucherin (Enkelin, Schülerin): Ich find's schön.
Interviews in der Replik der Klingebiel-Zelle, sat1 regional, 14.8.2013